Segeln und Abfall

In Vanuatu haben wir über Abfall nachgedacht und so diesen Artikel entstehen lassen. Ein trauriges Kapitel? Schon, aber nicht so wie man sich das vorstellt.

Auch bei einem Segler häuft sich Abfall an. Selten sind wir in Gegenden in denen wir unserer Schweizerkultur vom Sammeln und Trennen frönen können. Sicher können wir das, aber am Schluss landet alles am gleichen Ort.

Unsere organischen Abfälle inklusive ausgewählte Karton und Papier schmeissen wir fast überall ins offenen Meer. Glas, Alu und Konserven nur ab Tiefen grösser 2‘000, vorzugsweise 4‘000m. Aber dann bleibt halt noch immer einiges übrig. Zu zweit bringen wir auf einer Überfahrt gerade mal ein 27 Liter Sack pro Woche zusammen. Zeugs, welches wir also nicht im Meer entsorgen wollen.

Bei der Ankunft müssen dann die Säcke entsorgt werden. Oft ist das dann eine Insel. Und wir wissen, dass auf gewissen Inseln der Abfall doch noch im Meer landet. Dort behalten wir unsere Säcke, auch wenn es hat in der Wärme Stinkt. Wir haben ja mit Allure Glück, dass wir genügend Platz ausserhalb vom Wohnbereich haben für unseren Abfall. Es gibt auch immer wieder nette Bewohner die uns den Abfall abnehmen wollen. Kostet dann einen Batzen, aber man ist sein Problem los. Vielleicht trifft man später dann auf Müll der einem zwar bekannt vorkommt, aber man kann über die Schweine schimpfen die da einfach so Müll entsorgen.

Grössere Inseln und Inselgruppen haben ein Abfallmanagement. Wir Segler werden dann auch tüchtig pro Sack zur Kasse gebeten, wenn wir den offiziellen Weg wählen. 5 USD kostet es alleweil pro Sack. Bei 20 wie in Panama suchen auch wir nach Alternativen. Und die gibt es mehr oder weniger sauber. Umpacken in kleine Säcke und dann im öffentlichen Abfall entsorgen, wenn es denn das überhaupt gibt. Oder eben mal durch die Hintertür am Abfallwächer vorbei wenn er nicht gerade hinguckt.

Auf die Insel bringen, ein Loch machen und verbrennen, das haben wir bis jetzt noch nicht gemacht. Ist gegen unsere Überzeugung. Ob es wirklich in jedem Fall die schlechteste Lösung ist, wer weiss. Untersucht haben wir das ja nicht.

Noch zum Abfall selber. Wir produzieren wohl etwas weniger als unsere stationären Landfreunde. Vor allem weniger Wohlstandsmüll, weil es einfach weniger zu kaufen gibt. Kaum Elektronikschrott, Eisschrank, Altreifen, Wintersportartikel etc. nur um ein Paar zu nennen. Aber eben wir kaufen ein inklusive Verpackungsmaterial (das wird spätestens auf dem Schiff sofort entsorgt wegen möglichen unliebsamen Bewohnern). Wir geben uns Mühe Plastiksäcke einzudämmen, aber wir stossen da meist auf Staunen oder gar Unverständnis. Obwohl ein gewissen Umschlag an Plastiksäcken haben auch wir, eben um nachher mit Kleinmüllentsorgung Geld zu sparen. Übrigens in den pazifischen Inseln produziert eine Person zwischen 1 und 1.5 kg Abfall pro Tag. Das scheint mir sehr viel. Wir meinen, dass wir höchstens 1kg zu zweit pro Tag produzieren. Dabei ist natürlich kein kompostierbarer Abfall oder Essensreste, das geht ja alles über Bord.

Schweizer Durchschnitt: 2.61kg/Tag,
Weltdurchschnitt: 1.2kg/Tag,
Maximum Trinidad 14.4kg/Tag
Minimum Ghana 0.09kg/Tag.

Und noch ein paar Zahlen:

Ein Haushalt bezahlt 7‘500 Vatu 70 CHF pro halbes Jahr für die Abfallentsorgung
Nur 60% der Haushalte bezahlten

 Also und was machen den die „grossen“ Inseln, eben hier in Vanuatu habe ich mich mal näher darum gekümmert. Wie viele anderen Inseln gibt es eine offene Deponie. Aller Abfall, ungetrennt, landet dort. Ansätze von Abfalltrennung wurde von der Regierung sofort wegbesteuert, will heissen, das Geschäft wurde so stark besteuert, dass sich die Trennerei nicht lohnte und aufgegeben wurde.

 Wenn wir dann einen Sack im Yachting World abgeben, unsere 5‘000 Vatu (knapp 5 CHF) wird er mit vielen Brüdern und Geschwistern auf der Deponie Bouffa ausserhalb von Port Vila landen. Er wird sehr ineffizient kompaktiert und wird dort wohl viele Jahre ruhen. Port Vila erhält pro Tonne Abfall 30 USD. Damit lässt sich eine offene Deponie sehr bequem operieren, da fällt ein satter Gewinn ab.

Das alles ausser der letzte Satz ist im Internet nachzulesen. Und wenn man da so Vanuatu und Abfallmanagement recherchiert kommt auch anderes zu Tage. Ein Thema das mir auffiel als ich Vanuatu und Sondermüll suchte war ein Artikel über Asbest.

7.85 Mio Euro machte die EU locker für die PacWaste Organisation. Eben um dem Asbestproblem im Pazifischen Raum Herr zu werden. Prompt fanden über die Jahre Sitzungen in Rotterdam, Genf, Stockholm, Vanuatu und Apia Samoa statt. 6 erfolglosen Sitzung führten in Apia zu einer Zeitungs-Überschrift: Die Konferenz der Teilnehmer konnte kein gemeinsamer Nenner finden wie dem Pazifischen Asbestproblem Herr zu werden. (Anmerkung von mir: damit waren wohl die 7 Mio verbuttert.

Was ist das Pazifische Asbestproblem überhaupt? Die netten westlichen Staaten, die ja mit ihrem noch gelagerten Asbest haltigen Bauelementen nicht wissen wohin damit verkaufen diese zu günstigen Konditionen in den Pazifischen Raum. Zusätzlich wird sogar Asbestabfall von „anderen“ Ländern hier deponiert. So, man hat also die doppelte Menge von Asbest importiert und darf diese nun hier Fachgerecht entsorgen.

Um wieder auf die 7 Mio Konferenz zurückzukommen. Diese Folge von Misserfolgen bewegte den Leiter darauf hinzuweisen, dass es besser sei individuelle Lösungen Vorort zu suchen.

Ich möchte gerne wissen warum eine Handvoll Inseln ein solches Problem nicht gemeinsam angehen können, ausser das einzelne auf einzelnen Inseln mit diesem doppelten Asbestimport viel Geld machen. Aber das ist natürlich nur meine abscheuliche Vermutung. Das kann man nicht im Internet nachlesen und so etwas würde auch niemand tun. Das zum Thema Asbest, welches zwar die Inseln hier sehr berührt, aber wohl kaum hier seinen Ursprung hat. Es fänden sich aber noch andere Geschichten.

Viel Abfall landet ja auch in den Flüssen und somit im Meer. Viel Abfall wird auch Vorort generiert, der in der Natur landet und dann via Flüsse ins Meer kommt. Warum? Noch vor wenigen Jahren haben die Menschen hier alles in ihren Gärten gepflanzt und in natürlichen Behälter gesammelt, verpackt und auch zubereitet. Das Verpackungsmaterial haben sie dann nach dem Gebrauch wegeschosse. Und die Natur hat alles nach kurzer Zeit absorbiert (entsorgt). Heute kaufen die gleichen Menschen im Supermarkt und bei MC Donald ein. Das Verpackungsmaterial hat sich geändert, das Verhalten nicht. (Siehe als ganz schlimmes Beispiel unseren Bericht von American http://www.s-hit.ch/2016/08/samoa-zum-ersten/Samoa).

 Die Bewohner hier kümmert das ganze überhaupt nicht. Sie stören sich nicht am Abfall. So kommt von der Seite her kein Druck auf die lokalen Politiker. Ein beachtlicher Druck kommt auf die Behörden zu, nämlich die Tourismusbranche. Wir Touristen wollen nicht in Mülldeponien am Strand prominieren. Wasserfälle die wir als Touristenattraktion besuchen dürfen nicht ein Sammelbecken von Tetrapak sein. Und wenn wir dann schon für Schnorchel oder Tauchplätze bis 100 USD bezahlen möchten wir dort Fische sehen und nicht den Abfall der Anderen. Also müssen sich die Behörden bemühen. Und das tun sie auch ein bisschen.

Abfall einfangen im Fluss

Hier ein Bild einer „Flusssperre“ auf Samoa. Ein grosser Teil des Abfalls, der den Fluss runter kommt, kann man abschöpfen und anderweitig verschwinden lassen. So kann er die Augen der Touristen nicht beleidigen.

Noch ein weiteres Kapitel zu Abfallmanagement und Pazifische Inseln. Auch das hier in Vanuatu gelernt. Das Schlüsselwort heisst Desaster Waste. Abfall der von einem Cyclone herrührt. Z.B. Cyclone Pam hinterliess im 2015 irgendwelche 2‘000 Tonnen desaster Abfall. Meist kompostierbarer Abfall, der die Deponie von Bouffa aber völlig überfordern würde. Also hat man mit diesem Abfall Land aufgefüllt und so dem Meer neues Land abgewonnen. Und dann noch so ein Trick: Abfall vom Markt wird zu Schweinefutter verarbeitet anstatt dass es in der Deponie Bouffa landet. Pro Monat sind das 200t Grünabfall.

 

Sickerwasser, warum erwähne ich das. Auch hier in Vanuatu gelernt. Eine offene Deponie produziert Sickerwasser. Gemäss Angaben sind 70% der Abfälle teilweise wasserlöslich. Nun Sicherwasser wird bei uns aufgefangen und in die Kläranlage geleitet. Nicht so hier. Es wird nicht aufgefangen sondern gelangt direkt ins Grundwasser und somit später auch ins Meer. Also entweder wird es von uns getrunken oder die Fische bekommen einen Schluck. Sickerwasser ist Gift. Nicht nur weil es von gefaultem Grünzeug ist, nein es sickert ja über all die andern teilweise verrotteten Abfälle. Und nicht dass es geschrieben steht, aber wir haben es in den Marquesas gesehen. In der offenen Deponie dort, sahen wir nebst Hausmüll Auto-Batterien, alte Haushaltgeräte, Motoren etc.

 Nur so ein Gedanke: globale schlechte Abfallbeseitigung resultiert schlussendlich in Abfall im Meer. Also müssen nicht nur die Leute hier auf ihr Meer schauen. Und warum schreibe ich das gelernte und diese Gedanken auf? Wir hören und lesen ja viel über Abfall. Aber was ich hier in Vanuatu gelernt habe, habe ich doch noch nirgends so gelesen, Asbest, Desasterabfall, Sickerwasser. Klar die pazifischen Inseln sind nicht sehr gross, also ist das beschriebene Problem nicht so gross. Aber sieht es denn in Indonesien, Philippinen, Indien um nur ein paar Orte zu nennen besser aus? Und – 8 Mia Menschen produzieren jeden Tag 1.2 kg Abfall.

Und jetzt habe ich gerade gelesen dass der Amerikanische Präsident, Trump heisst er glaube ich, den Klima Vertrag von Paris aufkündigt. Amerika als einer der grössten Umweltbelaster kündigt! Ist doch ein tolles Vorbild für die Pazifischen Staaten, was Amerka kann, können wir auch. Warum sollen wir wenn die auch nicht.

 

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